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Flutkatastrophe im Mittleren Erzgebirgskreis, Rothenthal bei Olbernhau eine Gemeinde im Tal der Natschung an der Grenze zur CSR

Mitglieder der IGFS e.V. waren am Sonnabend, den 24.08.2002 in der Gemeinde Rothenthal, um einen Arbeitseinsatz zu leisten und eine vorläufige Spende von 400 Euro zu übergeben. Die Gemeinde Rothenthal liegt hinter Olbernhau an der Grenze zu Tschechien am Flüsschen Natzschung. Die Natzschung ist in der Ortslage im Mittel fünf Meter breit und führt im Sommer so wenig Wasser, dass nicht einmal die Knie nass werden. In der Nacht vom 12. zum 13. August erreichte die Natzschung einen Pegel von mehr als vier Metern und überflutete das ganze Dorf. Nur 17 Stunden waren zu dieser Jahrhundertflut ausreichend. Viele Familienbetriebe verloren ihre Existenz und es ist dem umsichtigen Handeln des Ortsvorstehers Bernd Teichmann und glücklichen Umständen zu verdanken, dass keine Menschenleben zu beklagen sind. Zwei Familien mussten in der Nacht aus ihren Häusern evakuiert werden, so der Ortsvorsteher. Teilweise ältere Bürger, darunter zwei 75-jährige, die mit der Situation der Überflutung ihrer Häuser sehr schwer zu kämpfen hatten. Sie konnten dies nicht verstehen, denn solche Situationen haben sie selbst in der langen Zeit ihres Lebens bisher in diesem Ausmaß nicht erleben müssen. Von 120 Familien in Rothentahl sind ca. 60 direkt betroffen, teilweise sehr hart. In der Gaststätte "Haus der Begegnung" war unser Treffpunkt (siehe Bildershow). Dieses Haus stand ca. 30 cm unter Wasser. Der Fußboden war nach der Flut entfernt worden und man sah den ehemaligen Wasserstand noch deutlich an der Holzverkleidung. Die gesamten Uferbereiche in Rothenthal glichen Bildern, wie wir sie aus den Alpen kennen, wenn die Flüsse zur Schneeschmelze Berge von Steinen auftürmen. Tonnenschwere Brocken wurden durch die reißende Natzschung talwärts bewegt und zerstörten alles, was sich ihnen entgegenstellte.  Dabei wurde auch eine Steinbogenbrücke, die seit Jahrhunderten die Grenze zwischen Deutschland und Tschechien überbrückt von den Fluten erfasst und weggerissen. Für die betroffenen Menschen hoffen wir, dass es sich hier wirklich um das Jahrhunderthochwasser handelt, denn kein Mensch kann dieses Leid in aller Regelmäßigkeit verkraften. Wir hoffen es, aber die Tatsachen sprechen eine andere Sprache. Die Region ist innerhalb von drei Jahren bereits das zweite Mal sehr hart betroffen.

Die Natzschung ist nahezu unverbaut, sieht man von zwei kleinen völlig unnützen Wasserkraftanlagen ab. Ebenso gibt es keine verstellten Fluträume, wie das an fast allen Flüssen in Deutschland inzwischen die Regel und zu beklagen ist. Was war also hier die Ursache? Etwa 17 Stunden ergossen sintflutartige Wassermassen über das kleine Einzugsgebiet der Natzschung mit Niederschlagsmengen von 200 - 450 Liter pro Quadratmeter. Nach der Schilderung von Anwohnern ist das Wasser 20 cm hoch über die gesamte Fläche der steilen Waldhänge zu Tale gestürzt, um innerhalb kürzester Zeit lebensbedrohlich anzusteigen. Die Anwohner haben teliweise die ganze Nacht versucht die Fluten zu beherrschen, doch die Naturgewälten waren einfach zu gewaltig, Böschungen rutschten einfach ab, sämtliche Fußwege wurden einfach weggespühlt und die Einwohner mussten einfach zusehen, wie ihre Häuse überflutet wurden. Wie kann man sich also in Rothenthal vor dem nächsten heftigen Hochwasser schützen? Gar nicht, lautet die fatale Antwort, es sei denn, dass langfristig die Einsicht gewonnen wird, dass die gefährdeten Uferbereiche des Natzschungtals nicht als Bauland vergeben werden. Eine schlimme Aussage, die für viele ältere Menschen kaum umsetzbar ist. Trotz dieser ernüchternden Bilder werden in der Presse Lösungen von der für den Hochwasserschutz verantwortlichen Landestalsperrenverwaltungen angeboten. Auf einen Nenner gebracht heißt die Lösung tiefere Flussbetten und stärkere Mauern. Die Umsetzung dieser Strategie haben wir in der Ortsage Rothenthal sehen können (siehe Bildershow). Der Bagger hatte die teilweise tonnenschweren Flusssteine vorsorglich aus dem Flussbett an die Uferböschung beräumt. Es sieht Deutsch und ordentlich aus, aber aus einem Flusslauf wurde eine Wasserrinne. Dies führt unweigerlich dazu, dass sich die Fließgeschwindigkeit erhöht und das Wasser ungebremst auf Olbernhau zurasen kann. Wie wäre es also, wenn sich die Verantwortlichen in Zukunft etwas mit dem Begriff Renaturierung von Flussläufen und ökologischen Wasserbau inhaltlich beschäftigen und auseinandersetzen würden? Eine gute Adresse ist Lienz in Osttirol. Dort können sie sehen, wie maßvoll und erfolgreich die in den sechziger Jahren verbauten Flüsse zurückgebaut werden.

Mit freundlichen Grüßen

Bernd Sträubl
Projektleiter, Hochwasserschutz der IGFSe.V.
 

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Nach 3 h Fahrzeit endlich angekommen in Rothenthal, eine Gemeinde von Olbernhau an der Grenze zu Tschechien im Erzgebirge an der Natschung.

   

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